Blühinseln, Wildblumenwiesen und artenreiche Wiesen
Verschiedene Begriffe sind inzwischen im Gebrauch, wenn das Ziel angestrebt wird, einem einheitlichen niedrigen Grasrasen in eine bunte Blumenwiese zu verwandeln.
Machen Sie mit! Auch in Ihrem Garten gibt es bestimmt Möglichkeiten. In der Praxis geht es darum, nicht nur einen sonnigen Platz zu finden, sondern auch die Frage nach dem vorrangigen Ziel zu beantworten:
- Sollen viele Blüten im Rasen eine farbenfrohe wilde Schönheit abbilden?
- Oder sollen viele Wildblumen einen Beitrag zur Steigerung der Biodiversität erbringen?
Beide Ziele haben ihre Berechtigung, sind aber nicht automatisch zugleich erreichbar.
Wenn es vorrangig um eine „farbenfrohe Blumenwiese“ geht:
Der Handel bietet eine große Auswahl an dekorativen Wildblumen-Saatmischungen an, die wilde Schönheit versprechen. Für die Anlage einer solchen „Blumenwiese“ wird empfohlen, die Fläche umzugraben oder zu grubbern, damit sich aus vielen Samen blühende Pflanzen entwickeln können. Beim näheren Betrachten der Artenzusammensetzung fällt auf, dass es sich überwiegend um gebietsfremde Arten handelt, deren Samen auf dem Weltmarkt billig erhältlich sind. Im zweiten Sommer ist es mit der Pracht vorbei, und man muss wieder neu umgraben und neu einsäen. Somit ist der Begriff „Blumenwiese“ nicht korrekt, sondern eher „Blumenacker“. Da unsere seltenen spezialisierten Insekten von den fremdländischen Arten nicht leben können, haben sich nur die häufigsten Insekten eingefunden, die eh überall leben können (Ubiquisten). Dem Anspruch, die Biodiversität und die Nachhaltigkeit zu fördern, erfüllen diese dekorativen Ansaaten kaum.
Wenn es um „artenreiche Wiesen zur Förderung der Biodiversität und der Nachhaltigkeit“ geht:
Für eine solche Anlage sind im Vorfeld einige Überlegungen notwendig. Es sollte standortangepasstes Regio-Saatgut verwendet werden, abgestimmt auf den anstehenden Boden. Ziel ist eine Vegetation, die keine Bodenbearbeitung, keine Düngung und keine Bewässerung erfordert. Zum Erhalt einer Wiesenvegetation ist lediglich jährlich 1- bis 3-mal Mähen erforderlich, denn sonst entwickelt sich bald eine Hochstaudenflur und irgendwann Gebüsch und Wald. Trotz der höheren Kosten für das Regio-Saatgut langfristig die kostengünstigste Variante.
Wie bunt entwickelt sich eine Wiese aus einer standortangepassten Regio-Saatmischung?
Abhängig von Geologie, Boden und Klima entwickelt sich das, was die Schöpfung an diesem Ort vorgesehen hat. Über ganz Deutschland betrachtet, könnten die Bestände völlig unterschiedlich aussehen. So ausgesprochen üppig bunt wie natürliche Gebirgsrasen oder Wiesen auf unterschiedlichen Kalkböden werden sich auf unseren norddeutschen Böden die Bestände nicht ausprägen. Dafür entwickelt sich die zurückhaltend bunte Wiesenvegetation, die unsere Vorfahren seit Jahrhunderten aus der traditionellen (=extensiven) Landwirtschaft kennen. Und mit ihr eine reichhaltige Insektenvielfalt, die auf diese naturnahe Vegetation mit dem entwickelten Boden perfekt angepasst ist. Ein echter Beitrag zur Steigerung der Biodiversität und nachhaltig, weil der Boden ungestört bleibt und sich ein relativ stabiles Ökosystem entwickelt.
Text: Axel Neuenschwander